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Wie sich mein Autoschlüssel verdoppelte 🤪

Ich bin im Zug auf dem Weg von Bensheim nach Frankfurt.


Eine junge Reisende neben mir fragt mich, wann wir denn in Freiburg sind, und ich frage: „Freiburg im Breisgau? Liegt das nicht ganz woanders?“ – Sofort schaltet sich ein freundlicher Frankfurt-Fan ein, der sich mit den Verbindungen in der Region auskennt, ihr erklärt, dass sie in die falsche Richtung fährt, und wie sie jetzt am besten vorgehen soll. Von vorne gibt eine andere Frau ihre Einschätzung ab, insgesamt melden sich drei andere Deutschlandticket-Profis zu Wort und sie erhält eine richtig gute Gruppenberatung, für die sie sich dann auch vor dem Aussteigen bedankt.


Und warum sitze ich im Zug?


Ich möchte in Frankfurt Main am Hbf meinen Jüngsten, Christopher, treffen, der gerade noch im ICE aus Köln sitzt, um mir den Zweitschlüssel für meinen Ford Transit vorbeizubringen, also Vickys Erstschlüssel.


Der Transit steht seit heute Morgen auf dem Parkplatz eines Sportvereins bei Bensheim an der Bergstraße, und den kriege ich da ohne Schlüssel auch nicht weg.


Ich war dort zum Joggen hingefahren. Nach dem glücklichen Ende der 4,3 km langen Laufroute stellte ich fest: Autoschlüssel weg. Irgendwie hatte ich mich verfummelt mit dem Handy und den beiden Taschen der wasserfesten Jacke. Man sollte sich klar sein: Handy links und Autoschlüssel rechts, oder umgekehrt, jedenfalls sollte man unterwegs den Reißverschluss der Tasche mit dem Autoschlüssel geschlossen halten. Sonst geht der Schlüssel fliegen.


Das weiß ich seit heute Vormittag sehr gut.


Also bin ich nochmal den ganzen Weg abgelaufen. Nochmal 4,3 km durch den Schnee. Augen am Boden. Alle Spaziergänger, denen ich begegnete, gefragt, ob sie einen Autoschlüssel gesehen hätten. „Nein, ich habe aber auch nicht danach geguckt“, war die häufigste Reaktion. Einer fragte: „Wo haben Sie ihn denn verloren?“ Dann wurde ihm möglicherweise anhand meines Gesichtsausdruckes klar, dass ich den Schlüssel nicht suchen würde, wenn ich ihm diese Frage beantworten könnte.


Unterm Strich: Nüscht. Ich also zu Fuß zurück zum Hotel. Insgesamt 10km zu Fuß an diesem Morgen. Und meine sich erholenden Gelenke machen das gut mit: Das ist eine der vielen guten Nachrichten heute. Die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschheit ist eine weitere.


Also wie komme ich jetzt an Vickys Zweitschlüssel? Ich poste eine Nachricht in die Eddis-Welt-WhatsApp-Gruppe, fährt jemand zufällig heute aus Köln in diese Richtung? Dann geht die Telefoniererei los. Bei der Polizei ist nichts gemeldet worden.


Meine Freundin Monika wohnt in Bensheim, ist übers Wochenende in Köln, fährt heute wieder nach Hause, aber erst abends – sonst hätte sie den Schlüssel mitnehmen können. Saris Sohn hat einen Führerschein, aber auch ein Fußballspiel, daher kann er den Schlüssel nicht zu mir fahren. Vicky würde sich ins Auto setzen, aber ich möchte ihr das lieber nicht zumuten, sie hat anstrengende Wochen. Dann die Lösung: Mein Sohn Christopher erklärt sich bereit, per Zug eine Übergabe mit zu gestalten.


Die Hotelchefin verlängert unsere Zimmer freundlicherweise bis 16 Uhr und fiebert überhaupt mit.


Um 18 Uhr soll das Wohnzimmerkonzert in Trier starten.


Mein Tourmanager Beka ist ADAC-Mitglied und erkundigt sich: Der ADAC kann wohl das Auto öffnen und auch starten. Die Idee ist, dass wir anschließend Christopher nach Frankfurt entgegen fahren und dann von dort direkt nach Trier durchstarten. Dann wird das nicht so knapp.


Beim Telefonat mit der Dame im Call-Center betont Beka drei- oder viermal, dass das nur Sinn ergibt, wenn der ADAC-Techniker das Auto nicht nur öffnen, sondern auch starten kann. Das wird ihm bestätigt. Es könne aber 90 Minuten dauern, bis der Techniker kommt.


Ich gehe aufs Zimmer und ziehe mich nach meinem 10km-Lauf zum Duschen aus. Im gleichen Moment ruft Beka an: Der ADAC ist schon viel früher, jetzt gleich, am Parkplatz, wo der Transit steht. Ein Taxi wurde bereits von der freundlichen Hotelchefin bestellt. Ich soll sofort runterkommen.


Hastig ziehe ich mich wieder an, wir fahren im Taxi zum Parkplatz hoch.

Der ADAC-Mann sagt sofort: Unmöglich. Niemand kann so ein Auto ohne Originalschlüssel starten. Wegfahrsperre, Lenkradschloss und so. Wir stoppen noch rechtzeitig unser Taxi, das bereits los will, und nehmen es gleich wieder zurück zum Hotel. Trau niemals einem Call Center.


Ich dusche endlich und stelle danach etwas hektisch fest: Ich muss sofort los, wenn ich vor Christopher in Frankfurt sein will. Ups: Mein Zug hält leider nicht im nahegelegenen Bensheim-Auerbach, sondern nur in Zwingenberg, so 3km entfernt - und zwar in 15 oder 20 Minuten.


Die Hotelchefin ruft beim Taxiservice an. Alles ausgebucht. Uber gibt es hier nicht, sagt sie. Wir überlegen. Ehrlich gesagt: Sie überlegt; ich stehe einfach herum.


Die Hotelchefin fährt mich höchstpersönlich nach Zwingenberg zum Bahnhof.


An dieser Stelle eine Empfehlung: Wer mal in Zwingenberg, Bensheim oder irgendwo dort an der Bergstraße nächtigen möchte, sollte das Parkhotel Krone in Bensheim Auerbach in Erwägung ziehen. Gutes Frühstück, schöne Zimmer und eine wirklich freundliche Leitung.


Auf dem Weg nach Frankfurt erlebe ich die oben geschilderte Szene mit der (wie ich) verwirrten jungen Reisenden.


Christopher übergibt mir freundlich und nahtlos in Frankfurt Vickys Schlüssel.


Ich setze mich in den Zug zurück nach Bensheim und bestelle ein Taxi – diesmal klappt das -, um vom Bahnhof zum Parkplatz und meinem Transit zu gelangen.


Und dann erreicht mich auf der Rückfahrt folgende Nachricht. Sie setzt der Geschichte die Krone auf. Nicole Kleine Kuhlmann, wie ihr Mann Bernd Mitglied bei Eddis Welt, hatte heute Vormittag bei WhatsApp meine Nachricht gelesen und mich gefragt, wo ich denn genau unterwegs gewesen sei: Ihre Schwägerin wohne in der Nähe. Ob die mal nach dem Schlüssel suchen soll. Ich schickte Nicole meine Laufroute, ohne viel Hoffnung, dass Bernds Schwester was finden würde, da ich ja schon alles abgesucht hatte.


Und dann erreicht mich das hier:



... und es schließt sich dieser Dialog zwischen Nicole und mir an:




Ausdenken kann sich so was kein Mensch.


Kaum zu glauben: Bernds Schwester und ihr Mann haben tatsächlich den Schlüssel gefunden. Er muss mir am ersten Aussichtspunkt aus der Tasche gefallen sein und recht weit geflogen sein, bis jenseits des Holzzaunes, der am Weg steht.


Ich bestelle das Taxi ab, denn die Beiden bieten mir an, mich gleich mit meinem Transit am Bahnhof abzuholen. Full Service!


Kurz vor dem "Ende" kommt noch wie in jedem guten Film ein Schreckensmoment, als ich im Zug das Wort „Hockenheim“ lese und Sitznachbarn frage, ob dieser Zug denn in Bensheim-Auerbach halte. „Nein“, sagt der freundlich, er hat den Namen scheinbar noch nie gehört, "der fährt nach Heidelberg".


Ich sehe mich schon mit einem weiteren Taxi über die Lande fahren, alles sich nochmal verschieben, und neue Telefonate führen, als ich feststelle, dass alles gut ist. In diesem Fall war mein Sitznachbar zwar freundlich, aber reiseleitermäßig inkompetent. Ich sitze im richtigen Zug und er hält kurz danach auch in Bensheim-Auerbach, sogar pünktlich.


Und kurz danach erhalte ich meinen Schlüssel und meinen treuen Transit wieder. Hier das Beweisfoto:



Mir fällt dazu nichts mehr ein.


Höchstens der Spruch meines guten Freundes Hansjakob: "Das gibt's in keinem Russenfilm!"


Jetzt sind wir auf dem Weg nach Trier und kommen knapp, aber rechtzeitig dort an. Ich bin um ein paar Bahntickets und Euros ärmer, aber um eine unfassbare Geschichte reicher, und vor allem um viele hilfreiche Begegnungen.


Danke!




Das hier muss der Moment gewesen sein, als ich gerade den Schlüssel verloren hatte. Aber - wie kann der denn da hinten hinter dem Holzzaun angekommen sein?!
Das hier muss der Moment gewesen sein, als ich gerade den Schlüssel verloren hatte. Aber - wie kann der denn da hinten hinter dem Holzzaun angekommen sein?!

Bernds Schwester wird im Dokumentieren des Findungsmomentes wiederum dokumentiert
Bernds Schwester wird im Dokumentieren des Findungsmomentes wiederum dokumentiert

P. S. Genau genommen war mein Schlüssel gar nicht der Erstschlüssel. Vicky hat den Erstschlüssel; ich hatte früher den Zweitschlüssel; seit 2018 habe ich einen Ersatzschlüssel für den Zweitschlüssel.


Den Zweitschlüssel habe ich unwiederbringlich verloren, als ich ihn 2018 in die Hosentasche meiner Badehose gepackt hatte. Beim Paddeln in Polen, beim Sommerurlaub mit Sari und Familien. Und dann ist der Schlüssel wie Frodos Ring beim Baden im See dort herausgeflutscht und auf den Grund gesunken. Also wenn es keinen polnischen Gollum gibt, der ihn findet, ist er für immer weg.

 
 
 

4 Comments


Elke E.
Elke E.
May 28

Ach, Du armer Eddi, Du!!! Aber laut und deutlich gesagt: Es geht eben nichts über Eddis Welt und den Zusammenhalt der Familie! Auf dem Foto siehst Du auch nicht wirklich entspannt aus. Aber ich kenne einen, der singt dann "Im Ernstfall locker bleiben" - und schwupps, schon ist der Schlüssel wieder da! (da fallen mir gleich meine mehreren Schreckgeschichten mit Schlüssel im Auto, Tür zu, Motor läuft und so ein. Wirklich entspannt war ich da auch nicht...)

Ich halte Dir die Daumen für weiter "schöne" Geschichten, aber nicht in echt!! Vor allem nicht vor einem Konzert!

Alles Liebe, Elke


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Tolle Geschichte! Danke fürs sorgfältige Aufschreiben und Illustrieren!

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Das ist ja wirklich eine interessante Story, da sollte man direkt einen Song draus machen "keyless go" 😄

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Eddi
Eddi
Feb 16
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Irgendwas wird draus, das glaube ich auch 😆

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